Integrierter Pflanzenbau: Zukunft mit smarten Technologien
Der integrierte Pflanzenbau ist ein bewährtes System der umweltschonenden Pflanzenerzeugung, das in den zurückliegenden Jahren jedoch etwas aus dem Fokus geraten ist. Neue, innovative Maßnahmen rücken ihn nun wieder stärker ins Bewusstsein der Praxis. Moderne, sensorgestützte Technologien und digitale Werkzeuge ermöglichen es, den Einsatz von Pflanzenschutzmaßnahmen als wichtigem Bestandteil des integrierten Pflanzenbaus trotz wegfallender Wirkstoffe weiterhin hochzuhalten.
Der integrierte Pflanzenbau steht seit rund vier Jahrzehnten stellvertretend für ganzheitlichen, nachhaltigen Ackerbau. Er umfasst einen vielfältigen Werkzeugkasten an pflanzenbaulichen Maßnahmen, die dazu führen sollen, die Gesundheit der Kulturpflanzen zu sichern und ihre Entwicklung zu fördern, um leistungsfähige Bestände zu etablieren. Im integrierten Pflanzenschutz, als wichtigem Baustein, steht die chemische Bekämpfung erst am Ende einer Entscheidungsabwägung, wenn andere vorbeugende Maßnahmen nicht den gewünschten Erfolg bringen.
Nach dem Schadschwellenprinzip und möglichst durch Einsatz nicht-chemischer Maßnahmen sollen Unkräuter und Schaderreger wirkungsvoll bekämpft werden. Praktiziert wurden der integrierte Pflanzenbau und Pflanzenschutz auf den Äckern nicht in dem heute erwünschten Ausmaß. Denn moderne Pflanzenschutzmittel und Düngetechnik sowie Fortschritte in der Züchtung konnten auftretende pflanzenbauliche Probleme überdecken, die Folge engerer Fruchtfolgen, früher Saattermine oder höherer Stickstoffdüngung sein können.
In den letzten Jahren hat der Rückgang an verfügbaren Wirkstoffen und das verstärkte Auftreten von Resistenzen insbesondere bei der Ungras- und Unkrautbekämpfung die Situation verschärft. Klimawandelbedingte Wetterextreme und Trockenperioden sowie neu auftretende Schädlinge verschärfen die Situation zusätzlich. Faktoren wie diese haben vielerorts zu einer Wiederbesinnung auf den integrierten Pflanzenbau geführt.

Potenziale der Züchtung nutzen
Bei der Bewältigung der genannten Herausforderungen kommt der Pflanzenzüchtung besondere Bedeutung zu, um die Kulturarten züchterisch an auftretende Resistenzen sowie klimabedingte Stressfaktoren anzupassen. Neue Züchtungsmethoden, wie beispielsweise die „Neuen molekularbiologischen Techniken“ (NMT) wie CRISPR/Cas, besitzen ein großes Potenzial, um den Bedarf an neuen Sorten zu decken. Nur hat der Europäische Gerichtshof ihre Anwendung in Deutschland und Europa stark erschwert, indem er diese Techniken als Gentechnik eingestuft hat. Auf EU-Ebene wird mittlerweile jedoch über eine Reform der Gentechnik-Gesetze diskutiert.
Weitere Fruchtfolgen müssen sich rechnen
Zu den pflanzenbaulichen Maßnahmen im integrierten Pflanzenbau zählt unter anderem die Erweiterung der Fruchtfolge, denn eine weite Fruchtfolge kann sowohl den Krankheitsdruck durch Schaderreger als auch die Resistenzproblematik reduzieren. Durch den Wegfall von Pflanzenschutzmitteln mit unterschiedlichen Wirkmechanismen werden der Praxis auch zunehmend wirkungsvolle Werkzeuge aus der Hand genommen. Eine Möglichkeit für ein zielführendes Resistenzmanagement sowie die Regulation von Schaderregerpopulationen könnte in einem Wechsel aus wirtschaftlich attraktiven Kulturen mit hohem Deckungsbeitrag und anderen Kulturarten bestehen. Gleichwohl müssen weitere und vielfältigere Fruchtfolgen einen auskömmlichen Deckungsbeitrag erzielen.
Bei der Aussaat die Unkrautbekämpfung im Blick
Unkrautbekämpfung beginnt schon vor der Aussaat, die nicht zu früh sein sollte. Zu den ackerbaulichen Maßnahmen zählen Scheinsaat zur Bekämpfung früh keimender Ungräser, Striegeln nach der Ernte, um Unkraut zum Keimen anzuregen oder Zwischenfrucht direkt nach dem Dreschen. Die Auswahl konkurrenzstarker Kulturpflanzen beispielsweise mit entsprechender Blattmasse und günstiger Blatthaltung kann dafür zu sorgen, dass möglichst wenig Licht auf den Boden fällt und weniger Unkräuter zur Keimung angeregt werden. Ein enger Reihenabstand, höhere Saatstärken und Untersaaten sind weitere Maßnahmen, die ein Auflaufen von Unkräutern unterdrücken können. Eine weitere Lösung können aber auch weitere Reihenabstände sein, um eine mechanische Unkrautbekämpfung zwischen den Reihen zu ermöglichen.

Unkräuter mechanisch bekämpfen
Apropos mechanische mechanische Unkrautbekämpfung. Die ist auch in der konventionellen Landwirtschaft ein zunehmender Trend, weil immer mehr chemische Wirkstoffe infolge gesetzlicher Reglementierung verloren gehen und neue Wirkstoffe ausbleiben. Dies sowie die steigende Resistenzproblematik führen zu großen Herausforderungen in der Unkraut- und Ungrasbekämpfung im Ackerbau.
Potenzial im integrierten Pflanzenbau hat infolge moderner Sensor- und Steuerungstechnik die Kombination aus mechanischem und chemischem Pflanzenschutz ebenso wie rein mechanische Verfahren, bei denen die Hackwerkzeuge präzise über Kameras gesteuert werden – und dies sowohl zwischen als auch in den Reihen. Das ermöglicht im ersteren Fall hohe Arbeitsgeschwindigkeiten und in beiden Fällen eine bedeutende Einsparung an Pflanzenschutzmitteln. Es gibt auch schon interessante Ansätze für eine optimierte Steuerung der Hackaggregate mittels künstlicher Intelligenz (KI).
Die mechanische Unkrautbekämpfung bietet viele Möglichkeiten, ist aber auch mit Herausforderungen verbunden. Dazu zählen unter anderem Witterungsprobleme (feuchte Jahre), Gefahr von Bodenverdichtung und Bodenerosion oder fehlendes Know-how. Hinzu kommt, dass bei Problemunkräutern mechanische Verfahren oft nicht die gewünschte Wirkung bringen.
Chemischer Pflanzenschutz mit Präzision
Trotz des Wegfalls von Wirkstoffen und zunehmender Resistenzen wird der chemische Pflanzenschutz im integrierten Pflanzenbau zukünftig weiterhin eine wichtige Bedeutung behalten. Dazu tragen nicht zuletzt innovative Techniken bei, die sich durch hohe Präzision auszeichnen und helfen, Pflanzenschutzmittel einzusparen.
- Mithilfe teilflächenspezifischer Applikationssysteme werden Pflanzenschutzmaßnahmen an die Ertragserwartung von Teilstücken großer Schläge angepasst.
- Spot-Spraying – die punktgenaue Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln – hilft die Präzision der Anwendung weiter zu steigern und Mittel einzusparen.
- Mittels Pulsweitenmodulation lässt sich durch elektrisch gesteuertes schnelles Öffnen und Schließen der Düsen die Ausbringmenge bei Kurvenfahrt anpassen. Das verhindert eine Überdosierung von Pflanzenschutzmitteln in den Innenseiten der Kurven.
- GPS-gesteuerte automatische Teilbreitenschaltung verhindert eine Doppelbehandlung der Flächen bei Vorgewenden und Keilen.
- Digitale Lösungen zur Schädlingsüberwachung beispielsweise in Raps unterstützen das Monitoring auf Ackerflächen und bieten wichtige Entscheidungshilfen.
- Feldroboter sind derzeit in diversen Forschungsprojekten in der Erprobung. Begrenzende Faktoren sind hier noch die hohen Investitionskosten und die noch zu niedrige Flächenleistung. Eine realistische Option für die Zukunft sind sie aber schon.
- Drohnen kommen für die großflächige Ausbringung von Pflanzenschutzmitteln im Ackerbau nicht infrage, können aber für punktuelle Maßnahmen Sinn machen. Ein Beispiel ist die Ausbringung von Nützlingen zur Bekämpfung des Maiszünslers, die bereits seit einigen Jahren erfolgreich praktiziert wird.
Welchen Stellenwert deutsche Landwirte und Landwirtinnen digitalen Technologien beimessen, zeigt eine Studie des Digitalverbands Bitkom und der DLG aus dem Jahr 2024. Demnach meinen 91 Prozent der Befragten, dass digitale Technologien helfen, Pflanzenschutzmittel, Dünger und andere Ressourcen einzusparen. Bereits 30 Prozent der Höfe bringen Pflanzenschutzmittel teilflächenspezifisch aus (2022: 23 Prozent). Das größte Potenzial für einen KI-Einsatz in der Landwirtschaft wird in Vorhersagen und dem Pflanzenschutz gesehen.
Auch Mineraldüngung wird immer exakter
Teil des integrierten Pflanzenbaus ist nicht zuletzt auch die Düngung. Hier besteht ein wichtiges Ziel darin, insbesondere bei der Stickstoffdüngung Nährstoffeinträge in Gewässer zu minimieren. Weitere Ziele sind die Einsparung von Mineraldünger, durch höhere Präzision und eine gesteigerte Leistungsfähigkeit. Die Antworten der Landtechnikhersteller auf diese Anforderungen sind die sensorgestützte Mengensteuerung, Weiterentwicklungen bei Grenzstreueinrichtungen, der automatischen Teilbreitenschaltung und variablen Mengenanpassung oder bei Systemen zur Anpassung des Streubildes bei Kurvenfahrt. Pneumatische Düngerstreuer gewährleisten eine hohe Präzision der Düngerausbringung an der Feldgrenze.
Ausblick
Die konventionelle Landwirtschaft wird zukünftig den integrierten Pflanzenbau und Pflanzenschutz wieder stärker in den Fokus rücken. Neben züchterischen und ackerbaulichen Maßnahmen trägt ein Werkzeugkasten verschiedener technischer Lösungen (Spot-Spraying, mechanische Unkrautbekämpfung, Düngetechnik, Robotik, Düsentechnik etc.) dazu bei, die Effizienz der Maßnahmen sogar noch zu steigern. Die fortschreitende Digitalisierung in der Landwirtschaft trägt mit innovativen Verfahren gleichzeitig dazu bei, geforderte Reduktionsziele zu erreichen. Welche technischen Möglichkeiten sich derzeit bieten und wie diese optimal eingesetzt werden können, darüber können sich die Besucher und Besucherinnen der Agritechnica 2025, die diesen November in Hannover stattfindet, auf den Ständen zahlreicher Aussteller sowie bei Fachforumsbeiträgen informieren.